

Selbstbeteiligung für Patienten: CDU-Politiker Streeck sorgt mit Vorstoß für Kritik
Der CDU-Gesundheitspolitiker Hendrik Streeck hat mit seiner Forderung nach einer Selbstbeteiligung für Patienten bei Arztbesuchen für breite Kritik gesorgt. "Nicht die Menschen, die ärztliche Hilfe suchen, sind das Problem", erklärte der SPD-Gesundheitspolitiker Christos Pantazis am Dienstag. Vielmehr müssten "die stark steigenden Ausgaben im stationären Bereich" und bei Arzneimitteln gedämpft werden. Kritik kam auch von der Opposition im Bundestag und von Verdi. Die privaten Krankenkassen befürworteten dagegen Streecks Vorstoß.
Der Bundestagsabgeordnete Streeck hatte in der "Rheinischen Post" vom Dienstag eine "unsolidarische Vollkasko-Mentalität" im Gesundheitssystem beklagt. "Während Menschen in Dänemark im Schnitt viermal und in Frankreich fünfmal pro Jahr zum Arzt gehen, suchen Deutsche im Durchschnitt zehnmal pro Jahr eine Praxis auf. Das ist zu viel, oft unnötig – und es belastet das System enorm", sagte Streeck. Er regte "eine moderate, sozialverträgliche Selbstbeteiligung" an, um "Bagatellbesuche zu reduzieren". Gesundheit sei "keine All-inclusive-Dienstleistung des Staates".
Beim Koalitionspartner SPD kam der Vorstoß nicht gut an. "Die Forderung von Herrn Streeck nach mehr Selbstbeteiligung der Patientinnen und Patienten verkennt die eigentlichen Ursachen der Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung", erklärte der Gesundheitsexperte Pantazis. "Wer jetzt erneut auf Eigenbeteiligungen setzt, belastet vor allem diejenigen mit kleinen und mittleren Einkommen und schwächt das Vertrauen in unsere solidarische Gesundheitsversorgung."
Die Grünen kritisierten Streecks Aussagen als "herablassend und falsch". Auch wenn "Selbstbeteiligungen sozialverträglich gestaltet würden, werden sie immer Hürden für finanziell Schwächere und eine Gefahr für eine gute Gesundheitsversorgung für diese Gruppen darstellen", erklärte der Gesundheitspolitiker Armin Grau. "Außerdem entstehen viel Bürokratie und Kosten." Hinzu komme, "dass viele Arzttermine nicht von den Versicherten ausgehen, sondern durch regelmäßige, meist quartalsweise Einbestellungen und Fehlanreizen in unserem Vergütungssystem bei chronisch Kranken" entstehen.
Der Linken-Politiker Ates Gürpinar erklärte, die Regierung entwickele "keinerlei selbstständige Ideen und brüllt reflexartig nach mehr Selbstbeteiligung". Diese aber würden zwar Arztbesuche insgesamt verringern, doch insbesondere kranke und einkommensschwache Menschen würden auch auf viele notwendige Besuche verzichten. "Solche Vorschläge greifen das Solidarprinzip an", bemängelte Gürpinar.
Kritik äußerte auch die Gewerkschaft Verdi. "Forderungen nach Selbstbeteiligung von Patientinnen und Patienten an ihren Behandlungskosten sind völlig fehl am Platz und gehen an der Realität vorbei." Menschen, die krank sind, bräuchten "eine gute Versorgung und Sicherheit. Was sie nicht brauchen, sind Sorgen vor abschreckenden und unsozialen Zusatzkosten."
Die privaten Krankenversicherungen dagegen würden eine Selbstbeteiligung befürworten. "In der Privaten Krankenversicherung sind Selbstbehalte selbstverständlich und bewährt", erklärte PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther. Viele Versicherte nutzten diese Selbstbehalte. "Dies ist ein starkes Beispiel für kostenbewusstes Verhalten der Privatversicherten und gelebte Eigenverantwortung im Gesundheitssystem."
T.Moens--JdB