

Japanischer Regierungschef Ishiba will nach Wahlniederlage im Amt bleiben
Nach einem enttäuschenden Ergebnis bei der Wahl zum japanischen Oberhaus will Japans Regierungschef Shigeru Ishiba weiter regieren. Auf die Frage, ob er im Amt bleiben werde, sagte Ishiba am Montag zu japanischen Medien: "Das ist richtig." Seine Regierungskoalition hatte zuvor nach Angaben des japanischen Fernsehsenders NHK die Mehrheit im Oberhaus knapp verloren.
Ishiba werde hochrangige LDP-Mitglieder voraussichtlich später am Montag zu einem Treffen einberufen und über seinen Verbleib im Amt informieren, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Jiji Press.
Die konservative Regierungspartei LDP und ihr Koalitionspartner Komeito gewannen nur 47 von 125 bei der Wahl zu besetzenden Sitzen, wie NHK unter Berufung auf eigene Hochrechnungen berichtete. Um ihre Mehrheit zu verteidigen, hätte Ishibas Koalition mindestens 50 Sitze bei der Wahl gewinnen müssen.
Nach Angaben von NHK und anderen japanischen Medien gewann LDP 39 und Komeito acht Sitze. Die linksgerichtete KDP erzielte mit 22 Sitzen das zweitbeste Ergebnis der Wahl. Die rechtsgerichtete DVP kam auf 17 Sitze. Stark zulegen konnte außerdem die rechtspopulistische Anti-Einwanderungs-Partei Sanseito, die bislang nur mit zwei Abgeordnetem im Oberhaus vertreten war. Sie kam laut den Hochrechnungen auf 14 Mandate. Bei der Wahl waren 125 der 248 Sitze im Oberhaus neu zu besetzen.
Ishibas LDP, die Japan seit 1955 fast ununterbrochen regiert, hatte bereits im Oktober die Mehrheit im Unterhaus eingebüßt. Die Partei ist durch einen Korruptionsskandal geschwächt, der Ishibas Vorgänger Fumio Kishida zum Rücktritt gezwungen hatte. Zudem ist der Unmut in der Bevölkerung angesichts der gestiegenen Lebenshaltungskosten groß.
Auch der Handelsstreit mit den USA ist nicht gelöst - ab dem 1. August drohen Japan Strafzölle in Höhe von 25 Prozent. Am Montag trat der japanische Zollbotschafter Ryosei Akazawa seine achte Reise in die USA an. Die Wahlergebnisse beeinflussten seinen Besuch und die Gespräche in Washington nicht, sagte Akazawa vor seinem Abflug am Flughafen in Tokio zu Journalisten. Die nationalen Interessen Japans seien nach wie vor die "höchste Priorität".
Von dem Unmut in der Bevölkerung konnte offenbar die rechtspopulistische Sanseito profitieren. Die Partei fordert eine stärkere Begrenzung der Einwanderung und stellt sich unter anderem gegen "Globalismus" und eine "radikale Geschlechterpolitik". Zuletzt musste sie sich gegen den Vorwurf der Verbindungen zu Moskau verteidigen.
Der 68-jährige Ex-Verteidigungsminister Ishiba war erst im Oktober nach mehreren Anläufen an die Spitze der Regierung gekommen. Er rief danach sofort Neuwahlen aus, um sich Rückhalt für seinen Reformkurs zu sichern. Doch bei der Unterhaus-Wahl kurz danach verlor seine Koalition die Mehrheit, so dass er seither auf kleinere Koalitionspartner angewiesen ist und seine Agenda dadurch behindert wurde.
E.Carlier--JdB