

Massive Umbildung: Selenskyj will Wirtschaftsministerin zur Regierungschefin machen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will die Regierung massiv umbilden und seine Wirtschaftsministerin zur neuen Ministerpräsidentin machen. "Ich habe vorgeschlagen, dass Julia Swyrydenko die ukrainische Regierung führen und deren Arbeit wesentlich erneuern soll", erklärte Selenskyj am Montag. Sofern das Parlament zustimme, werde Swyrydenko den bisherigen Amtsinhaber Denys Schmygal ablösen. Die designierte Regierungschefin kündigte umgehend weitere Personalwechsel im Kabinett an.
"Ich freue mich auf die Präsentation eines Aktionsplans der neuen Regierung in naher Zukunft", erklärte Selenskyj in Onlinenetzwerken und teilte ein Foto, das ihn gemeinsam mit Swyrydenko zeigt. Die 39-Jährige ist bereits stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes, sie war wenige Monate vor dem russischen Großangriff auf die Ukraine im Februar 2022 zur Wirtschaftsministerin ernannt worden. Eine größere Bekanntheit erlangte sie im Rahmen der wochenlangen Verhandlungen über ein Rohstoffabkommen mit den USA, das Ende April in Washington unterzeichnet wurde.
"Ich bin Präsident Wolodymyr Selenskyj dankbar für sein Vertrauen - und für die Gelegenheit, der Ukraine in dieser entscheidenden Zeit zu dienen", erklärte Swyrydenko. Ihre Priorität sei die Stärkung der ukrainischen Wirtschaft sowie der Ausbau der Waffenproduktion. Die ukrainische Wirtschaft wurde durch den russischen Angriffskrieg stark geschwächt, Kiew ist derzeit auf jährliche Unterstützungsleistungen in Milliardenhöhe aus westlichen Ländern angewiesen.
Der bisherige Amtsinhaber Schmygal wurde bereits vor Kriegsbeginn im Jahr 2020 zum Regierungschef ernannt. "Die Regierung braucht eine Veränderung, weil die Menschen ausgelaugt sind", sagte der ehemalige ukrainische Wirtschaftsminister Tymofij Mylowanow der Nachrichtenagentur AFP. Er bezeichnete Swyrydenko als "Schlüsselfigur" der Verhandlungen mit Washington. Die 39-Jährige sei "sehr effizient", behalte immer die Nerven und könne nach über dreieinhalb Jahren Krieg "eine gewisse Frische" in die Regierung bringen.
Swyrydenko gehört zu einer jungen Generation ukrainischer Führungspersönlichkeiten, die das Land durch die russische Invasion gesteuert haben und sich deutlich von den in Russland vorherrschenden Eliten sowjetischer Prägung unterscheiden.
Swyrydenkos Ernennung zur neuen Regierungschefin bedarf der Zustimmung des ukrainischen Parlaments, gilt jedoch als wahrscheinlich: Seit der russischen Invasion hat sich das Parlament weitgehend hinter Selenskyj gestellt.
Der ukrainische Präsident erwägt zudem eine weitere prominente Umbesetzung in der Regierung des Landes: In der vergangenen Woche kündigte er vor Journalisten an, den derzeitigen Verteidigungsminister Rustem Umerow zum Botschafter der Ukraine in Washington ernennen zu wollen. "Die Ukraine braucht eine positivere Dynamik in den Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und gleichzeitig neue Schritte in der Verwaltung des Verteidigungssektors", erklärte Selenskyj nach einem Treffen mit Umerow.
C.Bertrand--JdB