Journal De Bruxelles - Polen will eigene Kontrollen an Grenze zu Deutschland beginnen

Börse
Goldpreis 0.11% 3346.5 $
Euro STOXX 50 -1.03% 5288.81
SDAX -0.68% 17480.28
TecDAX -0.23% 3872.41
MDAX -0.35% 30280.91
DAX -0.62% 23787.45
EUR/USD 0.15% 1.1779 $
Polen will eigene Kontrollen an Grenze zu Deutschland beginnen
Polen will eigene Kontrollen an Grenze zu Deutschland beginnen / Foto: John MACDOUGALL - AFP/Archiv

Polen will eigene Kontrollen an Grenze zu Deutschland beginnen

An der Grenze zwischen Deutschland und Polen soll es ab Montag auch stationäre Grenzkontrollen auf polnischer Seite geben. Die polnische Regierung hatte vorab angeboten, darauf zu verzichten, wenn auch Deutschland seine Grenzkontrollen einstellt. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann warf Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und seiner Regierung vor, durch ihre Alleingänge in der Migrationspolitik die europäische Zusammenarbeit zu gefährden.

Textgröße:

Laut Ankündigung der polnischen Behörden sollen die Kontrollen durch Sicherheitskräfte des Nachbarlandes um Mitternacht in der Nacht zum Montag beginnen. Ministerpräsident Donald Tusk hatte wiederholt deutlich gemacht, dass sein Land diese Maßnahme nicht wünsche, damit aber auf das einseitige deutsche Vorgehen reagiere. Polens Innenminister Tomasz Siemoniak sagte dazu: "Wenn Deutschland seine Kontrollen abschafft, sehen wir auch keinen Grund mehr, die Einreisenden aus Deutschland zu kontrollieren."

Bereits durch die deutschen Kontrollen war es wiederholt zu Störungen und Verzögerungen im grenzüberschreitenden Verkehr gekommen. Es wird befürchtet, dass sich dies durch die polnischen Kontrollen nun verschärft.

Scharfe Kritik am Vorgehen der Bundesregierung äußerte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann. Sie warf Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) vor, durch Alleingänge die europäische Zusammenarbeit zu gefährden. "40 Jahre nach dem Schengener Abkommen, dem Zusammenwachsen Europas, richtet Friedrich Merz immensen Schaden in Europa an", sagte Haßelmann am Samstag der Nachrichtenagentur AFP.

Leidtragende dieser Politik der schwarz-roten Bundesregierung seien "nicht zuletzt die über zehn Millionen Menschen, die in den Grenzregionen leben", insbesondere Pendlerinnen und Pendler sowie Wirtschaft und Handel, sagte Haßelmann weiter. Für sie würde das Vorgehen an den Grenzen "massive Auswirkungen haben". Dabei sei gerade Deutschland "auf die Kooperation und offene Grenzen innerhalb der EU angewiesen – jeden Tag", mahnte die Grünen-Fraktionschefin.

"Die Einführung der Grenzkontrollen auf polnischer Seite ist eine direkte Antwort auf die einseitige, europarechtswidrige Politik der Bundesregierung", erklärte am Sonntag auch der Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich. "Der Bundesinnenminister inszeniert sich gerne als Law-and-Order-Sheriff, ignoriert dabei jedoch rechtsstaatliche Grundsätze und gerichtliche Entscheidungen", kritisierte er weiter. Er forderte die Bundesregierung auf, "die illegalen Zurückweisungen und Grenzblockaden umgehend zu beenden und sich klar zur Freizügigkeit und zu einem funktionierenden Schengenraum zu bekennen."

Die stationären Kontrollen an der Grenze zu Polen waren im Oktober 2023 von der damaligen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eingeführt und später auf alle deutschen Landgrenzen ausgeweitet worden. Dobrindt hatte direkt nach seinem Amtsantritt Anfang Mai weitere Verschärfungen angeordnet und die Bundespolizei zudem angewiesen, auch Asylsuchende im Regelfall direkt an der Grenze zurückzuweisen. Auch dagegen wehrt sich Polen. Am Freitag war ein Fall bekannt geworden, in dem ein 18-jähriger Afghane mehrfach zwischen der deutschen und der polnischen Seite der Grenze hin- und hergeschoben wurde.

Die Zurückweisungen an den Grenzen sind auch rechtlich umstritten. Das Berliner Verwaltungsgericht hatte Anfang Juni in einem Eilverfahren drei Geflüchteten aus Somalia Recht gegeben, die sich gegen ihre Zurückweisung ohne Dublin-Verfahren wehrten. Dobrindt hielt danach gleichwohl an seinem Vorgehen fest. Er berief sich darauf, dass das Urteil nur den Einzelfall betreffe. Allerdings hatte das Gericht festgestellt, dass Asylgesuche zunächst grundsätzlich in Deutschland geprüft werden müssten.

Wie das Magazin "stern" an diesem Wochenende unter Berufung auf Angaben des Bundesinnenministeriums berichtete, gibt es derzeit noch drei weitere gerichtliche Verfahren in Deutschland in Zusammenhang mit der Zurückweisung von Asylgesuchen an den Grenzen. Der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm bekräftigte in diesem Zusammenhang, die Frage der Rechtmäßigkeit könne nur vom Europäischen Gerichtshof grundsätzlich geklärt werden. Dagegen nannte im "stern" Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz die Rechtsauffassung Dobrindts "abwegig" und forderte diesen auf, von den Zurückweisungen Abstand zu nehmen.

X.Maes--JdB