

UNO warnt vor Verlangsamung menschlicher Entwicklung und sieht Chancen durch KI
Der weltweite Fortschritt in der menschlichen Entwicklung hat sich einem UN-Bericht zufolge 2024 in einem "alarmierenden Maße" verlangsamt. Anstelle eines nachhaltigen Aufschwungs nach den pandemiebedingten Krisenjahren 2020 und 2021 gebe es "unerwartet schwache Fortschritte", heißt es in dem am Dienstag vom UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) veröffentlichten Bericht. UNDP-Chef Achim Steiner rief dazu auf, das Potenzial der Künstlichen Intelligenz (KI) zu nutzen, um auch die menschliche Entwicklung wieder anzukurbeln.
Der diesjährige Bericht über die menschliche Entwicklung 2025 analysiert die Entwicklungsfortschritte anhand mehrerer Indikatoren, die als Index der menschlichen Entwicklung (HDI) bekannt sind. Sie umfassen Leistungen in den Bereichen Gesundheit und Bildung sowie das Einkommensniveau. Die Prognosen für das Jahr 2024 zeigen, dass die Fortschritte beim HDI in allen Regionen der Welt zum Stillstand gekommen sind.
Über die Ursachen sind sich die Experten noch nicht sicher. Als eine treibende Kraft haben sie ein Nachlassen von Fortschritten bei der Lebenserwartung identifiziert - womöglich in Verbindung mit den Folgen der Corona-Pandemie oder der Kriege, die weltweit zunehmen.
Neben der Verlangsamung der globalen Entwicklung stellt der Bericht zunehmende Ungleichheiten zwischen armen und reichen Ländern fest. So nehme die Ungleichheit zwischen Ländern mit einem niedrigen Index der menschlichen Entwicklung und Ländern mit einem sehr hohen HDI das vierte Jahr in Folge zu. Damit kehre sich ein langfristiger Trend sinkender Ungleichheit zwischen reichen und armen Ländern um.
"Jahrzehntelang waren wir auf dem Weg, bis 2030 einen sehr hohen Stand der menschlichen Entwicklung zu erreichen, aber die derzeitige Verlangsamung stellt eine reale Bedrohung für den globalen Fortschritt dar", erklärte UNDP-Chef Steiner. Wenn der schleppende Fortschritt von 2024 zur 'neuen Normalität' werde, "könnte der Meilenstein 2030 um Jahrzehnte verfehlt werden", warnte Steiner. Dies würde die Welt "unsicherer, gespaltener und anfälliger für wirtschaftliche und ökologische Schocks machen".
Dies drohe umso mehr, da die Verlangsamung begonnen habe, bevor mehrere Länder eine Kürzung ihrer internationalen Hilfen angekündigt haben, allen voran die USA. Wenn reiche Länder aufhörten, die Entwicklung zu finanzieren, werde das Folgen für Wirtschaft und Gesellschaften haben. "In ein oder zwei Jahren" könne sich dies auf den Index für menschliche Entwicklung auswirken: "geringere Lebenserwartung, sinkende Einkommen, mehr Konflikte", sagte Steiner im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP.
Länder mit den niedrigsten HDI-Werten stehen demnach vor besonders großen Herausforderungen bei der Entwicklung, vor allem wegen zunehmender Spannungen im Handel, der sich verschärfenden Schuldenkrise und der voranschreitenden Industrialisierung ohne gleichzeitige Schaffung ausreichender Arbeitsplätze.
Steiner betonte, inmitten der "globalen Turbulenzen", müsse "dringend nach neuen Wegen" gesucht werden, um die Entwicklung voranzutreiben. "Während die künstliche Intelligenz in so vielen Bereichen unseres Lebens rasant voranschreitet, sollten wir ihr Potenzial für menschliche Entwicklung nützen", forderte er. Auch wenn KI kein Allheilmittel sei, habe sie das Potenzial, "die menschliche Entwicklung wieder anzukurbeln und neue Wege zu eröffnen".
Laut dem Bericht ergab eine Umfrage unter 21.000 Menschen in 21 Ländern, "dass die Menschen den Veränderungen, die KI mit sich bringen kann, realistisch und dennoch hoffnungsvoll gegenüberstehen". Demnach glaube die Hälfte der Befragten weltweit, dass ihre Arbeitsplätze durch KI gefährdet werden könnten. Ein noch größerer Anteil, sechs von zehn Befragten, erwarte, dass sich KI positiv auf ihre Beschäftigung auswirken und Möglichkeiten für Arbeitsplätze schaffen werde, die es heute noch nicht gebe. Nur 13 Prozent der Befragten befürchteten demnach, dass KI zu Arbeitsplatzverlusten führen könnte.
"Mit der richtigen Politik und dem Fokus auf den Menschen kann die KI eine entscheidende Brücke zu neuem Wissen, Fähigkeiten und Ideen sein, die jeden, vom Landwirt bis zum Kleinunternehmer, das Leben leichter machen können", sagte Pedro Conceicao, Direktor des UNDP-Büros für den Bericht über die menschliche Entwicklung.
X.Maes--JdB